Geben ist seliger denn nehmen. So steht es geschrieben. Offen gesagt fällt es mir auch sehr viel leichter zu geben als zu nehmen.
Während unseres Urlaubs hatten wir einen riesigen Wasserschaden im Haus. Unsere Schwiegertochter hat beim Blumengießen den Schaden entdeckt und unser Sohn hat relativ schnell erste Hilfe geleistet. Hat einen Aufruf in unserer Gemeinde gemacht und um Hilfe gebeten. 30 Minuten später standen die Leute vor unserer Tür und haben in stundenlanger Arbeit Wasser abgesaugt, Schränke und Böden getrocknet, Decken runtergerissen, Matratzen raus geschleppt, Teppichböden rausgerissen und Trocknungsgeräte aufgestellt. Während wir im Urlaub waren. Ich hätte am liebsten den nächsten Flug nach Hause genommen. Aber mein Sohn versicherte mir, dass ich sowieso erstmal nichts weiter tun könne und ich solle mich mal entspannen und Hilfe annehmen. „Vor zwei Jahren warst du mit Papa eine Woche im Ahrtal und hast bei der Flutwasserkatastrophe geholfen. Jetzt lass dir auch mal helfen.“
Für mich war es selbstverständlich, dass wir helfen. Aber jetzt darf ich lernen, dass es für andere auch selbstverständlich ist, dass sie uns helfen.
Diese Woche war ich fünf Tage mit meiner Tochter in Wien. Und durfte bei einer Kollegin aus dem freien Redaktionsteam der Lydia übernachten. Sie und ihr Mann haben uns nicht nur zwei Zimmer zur Verfügung gestellt sondern auch noch den Shuttle vom und zum Flughafen übernommen und uns jeden Morgen das allerfeinste gesunde Frühstück serviert.
Für mich ist es selbstverständlich unser Haus Gästen anzubieten, aber wenn ich dann selber mal in diesen Genuss komme, muss ich mich innerlich richtig überwinden.
Geben ist seliger denn nehmen. Auf jeden Fall. Großzügigkeit, Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft ist Ehrensache, aber wir dürfen das auch mal von anderen annehmen. Das fällt mir gar nicht so leicht, stelle ich fest. Da darf ich noch üben.