Ein junger Mann lief durch das Universitätsstädchen Marburg. Er war frisch von seinem Studienort Frankfurt verwiesen worden, weil er sich politisch unkorrekt mit einem Staatsbediensteten angelegt hatte. Einem NS-Schergen hatte es nicht gepasst, dass er kirchlich engagiert war. Nun wollte er sein Jurastudium in Marburg fortsetzen und hoffte, so schnell wie möglich ein Zimmer zu finden.

Da er in seinem Heimatort sonntags die Orgel spielte, fragte er bei katholischen Schwestern an: „Sie schickt der Himmel“, riefen sie erfreut, denn der Kirchenorganist war gerade verstorben. Sie sorgten für ein Zimmer, er sorgte für die Kirchenmusik. Wie lange mein Vater dort wohnte, weiß ich nicht, nur, dass eine Bombe sein Zimmer zerstörte, als er nicht im Haus war – und dass alles verbrannte, inklusive der entliehenen Studienbücher.

80 Jahre später laufe ich durch das beschauliche Universitätsstädchen Marburg.

Es gibt vieles, was die Generation vor uns nicht erzählt hat. Sicher ist, dass nicht jeder Widerstand ein gutes Ende hat. Aber ganz sicher ist, dass Widerstand gegen Unrecht sich immer lohnt. Und ganz sicher ist, dass es nie wieder Krieg geben darf. Das hätte mein Vater gewollt.

Und ganz sicher ist, dass du und ich öfter vom Himmel geschickt werden, als wir denken. Du auch!